In der zu Ende gehenden Legislaturperiode hat AKUTwiederholt bei den zuständigen Ministern (u. a. Gesundheit, Umwelt, Nachhaltigkeit) vorgesprochen, um Verbesserungen im Bereich der gesundheitlichen Umweltbelastungen vorzuschlagen oder einzufordern. Zeit Bilanz zu ziehen in Bezug auf die Arbeit der scheidenden Regierung sowie der Opposition im Bereich Umwelt & Gesundheit.
1) Umweltklinik
Die Umweltklinik war Bestandteil des Koalitionsprogrammes, genauso wie bereits bei der vorherigen Koalition. Das heißt, dass die Regierungen mittlerweile seit über 15 Jahren von einer Umweltklinik reden und planen, passiert ist bisher noch nicht viel. Zwar wurde darüber geredet eine umweltmedizinische Abteilung im zukünftigen „Südspital“ einzuplanen, was dringend notwendig ist. Allerdings ist in diesem Fall eine „Totgeburt“ in Bezug auf die Umweltklinik zu befürchten, da die minimalen Voraussetzungen, nämlich eine unbelastete Umwelt hier aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Tankstelle, Autobusdepot, Autobahn und viel befahrene Straßen an diesem Standort nicht gegeben sind. Demnach wird eine „clean unit“, also Zimmer ohne jegliche chemischen Belastungen im zukünftigen Südspital wohl kaum möglich sein und spätestens bei einem Spaziergang außen wird der Umweltpatient erheblichen Belastungen ausgesetzt sein. Dabei lag vom zuständigen Spital CHEM ein ausgereiftes Projekt im ehemaligen Spital von Niederkorn vor, welches sich von der Lage nahe dem Waldgebiet und fernab von Verkehr oder sonstigen Störfaktoren förmlich anbot.
2) Umweltmediziner
Nicht geklärt dürften auch die Behandlungsmöglichkeiten in dieser Umweltklinik beziehungsweise die Zusammenarbeit oder Einbindung der hiesigen Umweltmediziner sein, haben es doch sämtliche Regierungen seit 2001 es versäumt eine Zusammenarbeit mit den vom Gesundheitsministerium ausgebildeten Umweltärzten anzustreben, so dass die damals teure umweltmedizinische Ausbildung zum großen Teil im Sande verlaufen ist. Die wenigen noch praktizierenden Umweltmediziner beziehungsweise deren Umweltpatienten sind auf sich gestellt und erhalten kaum finanzielle Hilfe, weder bei den teilweise zeitintensiven Arztbesuchen, noch bei den anfälligen und notwendigen diagnostischen Laboranalysen oder den spezifischen therapeutischen Mitteln. Siebzehn Jahre nach einer vom damaligen Gesundheitsministerium finanzierten Weiterbildung der Ärzte, hat keiner der nachfolgenden Gesundheitsminister oder Gesundheitsministerinnen dieser damals löblichen Initiative irgendeine Fortsetzung gegeben noch wurde den praktizierenden Umweltmedizinern ein entsprechendes Vergütungssystem basierend auf dem Zeitfaktor angeboten.
3) Rückerstattung für umweltmedizinische Patienten
Der Forderung der Umweltmediziner und von Akut einer staatlichen Übernahme der diagnostischen und therapeutischen Mittel im Bereich Umweltmedizin durch die Gesundheitskasse beziehungsweise die Aufnahme in die Nomenklaturliste, ist weder das Gesundheitsministerium noch das Ministerium für Soziale Sicherheit nachgekommen. Im Gegenteil, manche vorher zurückgezahlte oder notwendige Blutanalyse blieb auf der Strecke oder wird immer noch nicht zurückerstattet. Rückschritt statt Fortschritt auf Kosten der Umweltpatienten.
4) Smartmeter
Seit 2016 setzt das Energie- und Wirtschaftsministerium (!) eine europäische Direktive um, sämtliche luxemburgischen Gebäude, egal ob Bürogebäude oder Wohnungen mit „intelligenten“ Stromzählern auszustatten, ohne sich um etwaige Strahlungen und damit verbundene gesundheitliche Strahlungen zu sorgen. Weder das Wirtschaftsministerium noch das Gesundheitsministerium fanden es nötig im Vorfeld die zum Einsatz kommenden „smartys“ auf gesundheitsbeeinträchtigende Strahlenbelastung zu überprüfen. Dies veranlasste im November 2017 dann die ULC „Union des Consommateurs“. Das Verhalten der zuständigen Ministerien kann man nur als leichtfertigen Umgang mit der Gesundheit der Bevölkerung umschreiben. Trotz einer Zusage der Gesundheitsministerin im November 2017 auf eine lobenswerte parlamentarische Anfrage von „deilenk“, solche Messungen durchführen zu lassen, hat das zuständige Gesundheitsministerium zum jetzigen Zeitpunkt immer noch keine solche Messungen veröffentlicht, dies obwohl die Regierung im November 2017 ebensolche Messungen zugesagt hatte gemäß einer parlamentarischen Anfrage.
5) Umweltambulanz
Einen Rückschritt gab es auch bezüglich des umwelt- und arbeitsmedizinischen Dienstes des Gesundheitsministeriums, wo fortan kein ausgebildeter Baubiologe oder Experte für Innenraumschadstoffe mehr tätig ist, sondern die Aktivitäten von nicht spezifisch ausgebildeten Mitarbeitern ausgeführt werden.
6) Mobilfunkantennen
Das Mobilfunkkadaster sprich die interaktive Karte mit den Mobilfunkantennen des ILR (Institut de Régulationluxembourgeois) wurde abgeschafft. Gleichzeitig arbeitete das Nachhaltigkeitsministerium eine eigene interaktive Karte (cadastre hertzien auf Geoportail.lu) aus, die nicht nur sämtliche Mobilfunkstandorte beinhaltet, sondern auch die Ergebnisse von Kontrollmessungen der elektromagnetischen Strahlung an 300 sensiblen Messpunkten durch das Nachhaltigkeitsministerium. Ferner werden auch Kontrollmessungen bei jeder neu errichteten Antenne durchgeführt. Demnach ein transparentes System im Respekt mit dem Vorsorgeprinzip, das der damalige Staatssekretär Camille Gira Akut anlässlich einer Besprechung versprochen hatte und wie versprochen umgesetzt hat.
7) 5G – Mobilfunk
Auch die neue Generation des 5G plant die Regierung zu implementieren ohne den gesundheitlichen Risiken wie sie von vielen internationalen Wissenschaftlern befürchtet werden, welche aus diesem Grunde ein Moratorium in Sachen 5G fordern.
8) nachhaltiges Bauen
In Bezug auf das 2014 gegründete nationale Komitee für nachhaltigen Bau (CNCD), ist zu begrüßen, dass endlich im Juni 2018 eine Arbeitsgruppe „Gesundheit“ ins Leben berufen wurde. Es bleibt zu hoffen, dass das Thema ab jetzt gleichberechtigt mit den anderen Themen des nachhaltigen Bauens weitergeführt wird und nicht nur einer Eintagsfliege war.
Zu begrüßen ist auch, dass das Nachhaltigkeitsministerium künftig die Gesundheit verstärkt in die Nachhaltigkeitskriterien beim Neubau einbeziehen will und in diesem Sinne sich die Mitarbeit eines Baubiologen gesichert hat.
9) Sami, Gesundheitslabel für Putzmittel
Keine Zukunft hat die von AKUT ins Leben gerufene Initiative Sami, bei der es darum ging Putzmittel und andere Produkte auf eventuelle Schadstoffe zu überprüfen und die Ergebnisse dem Verbraucher kostenlos zur Verfügung zur stellen (inklusive eventuelle krebserregende Schadstoffe, siehe Plan Cancer). Obwohl Akut diese Initiative 2014 der Gesundheitsministerin vorgestellt hatte, gab es keine Unterstützung von dieser Seite. Zu hoffen ist, dass eventuell ein anderes Ministerium (Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz) die Initiative neu aufleben lassen wird.
10) Lenoz
Eine Schwergeburt stellt die Nachhaltigkeitszertifizierung Lenoz des Wohnungsministeriums dar. Zumindest wurde versucht die Gesundheitskritierien beziehungsweise die baubiologische Denkweise in die Zertifizierung einzubinden. Allerdings besteht hier noch viel Nachholbedarf beziehungsweise Verbesserungspotential im Bereich Gesundheit, sollte die Schwergeburt nicht zu einer Totgeburt werden. Akut ist der Meinung, dass eine Gebäudezertifizierung ohne ganzheitliche Berücksichtigung der gesundheitlichen Aspekte nicht nur sinnlos ist, sondern gleichzeitig ein gefährliches Instrument darstellt welches dem Bauherrn oder Gebäudenutzer eine Sicherheit vorgaukelt die letztendlich nicht gewährt ist.
11) „Plan Cancer“
In dem drei Millionen teuren nationalen Krebsprogramm des Gesundheitsministeriums ist von Prävention im Kontext von krebserregenden Schadstoffen im Bereich der Innenraum des Wohn- und Arbeitsbereiches herzlich wenig zu finden. Außer einigen vagen Absichtserklärungen in Richtung Baubranche, sprich Baubehörden, Handwerkern und Architekten sind im Krebsplan 2014-2018 keine spezifischen Aktionen umgesetzt worden. Kein einziger krebserregender Baustoff wurde bis dato aussortiert, keine einzige Information ging diesbezüglich an den Verbraucher oder Handwerker. Auch in Bezug auf die inzwischen immer klarer werdenden krebsauslösenden oder -verstärkenden Eigenschaften von hochfrequenten elektromagnetischen Strahlen, sprich Mobilfunk, schweigt das Gesundheitsministerium weiterhin.
12) Rauchmelder
Im Juni verteilte das Innenministerium Rauchmelder an die Haushalte, dies in Bezug auf die Rauchmelderpflicht die 2019 in Kraft treten wird. So gut und wichtig diese Maßnahme ist, so schade ist es, dass verpasst wurde gleichzeitig CO-Melder einzuführen, fordern Kohlenmonoxydvergiftungenbeispielsweise durch defekte Heizungen in Luxemburg doch mindestens genauso viele Todesopfer wie Brandfälle. Hier kann die zukünftige Regierung demnach nachbessern.
Eine magere Bilanz demnach, nicht nur von der scheidenden Regierung, sondern ebenfalls des Parlaments, wo insgesamt die umweltmedizinischen und baubiologischen Themen auf wenig Resonanz stießen.
Viel Arbeit wartet demnach auf die zukünftige Regierung und auf das Parlament in Sachen Umwelt und Gesundheit. Akut wird sich weiterhin in diesem Sinne einsetzen.
Jean Huss, Präsident Akut asbl